Umsatzsteigerung in schwierigen Zeiten?

Vor ein paar Tagen gab es fast zeitgleich zwei Nachrichten: Sparkurs bei RTL Deutschland und Bertelsmann will Umsatz bis 2026 auf 24 Milliarden Euro steigern. RTL ist allerdings der Haupt-Erlösbringer Bertelsmanns. Wenn die Zeiten für RTL so schwierig sind, dass trotz großer Projekte wie, mit RTL+ zum Medien-Champion werden zu wollen und gleichzeitig Gruner + Jahr zu integrieren, plötzlich gespart werden muss, wie soll Bertelsmann dann den Umsatz steigern? Beide genannten RTL-Projekte werden sicherlich nicht nächstes Jahr erledigt sein, auch die von der Geschäftsführung dramatisch dargestellten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen könnten uns die nächsten Jahre noch beschäftigen. Da ist 2026 gar nicht so weit weg. Gibt es irgendwo im Konzern noch einen anderen Goldesel oder werden die Zeiten ab 2025 so golden, dass zwei schlechte Jahre mehr als kompensiert werden?

Wobei: Auch schlechte Rahmenbedingungen müssen nicht unbedingt zu schlechten Geschäften führen, wie sich in der Corona-Krise gezeigt hat. Auch dort war ja mit Umsatzeinbußen, vor allem im Werbegeschäft, gerechnet worden, Mitarbeiter wurden massenweise in Kurzarbeit geschickt – und am Ende gab es trotzdem sehr gute Umsätze.

Interessant ist in dem Zusammenhang sicherlich, was Thomas Rabe kürzlich über Gewinne sagte: Diese seien eine Notwendigkeit, RTL sei ja schließlich ein privatwirtschaftliches Unternehmen. Ist das so? In langfristig orientierten Unternehmen ist es üblich, in guten Zeiten Aktiva aufzubauen, die dann helfen, wenn die Zeiten vorübergehend schlecht sind oder große Investitionen getätigt werden sollen. Es gibt kein Gesetz, dass privat geführten Unternehmen vorschreibt, jedes Jahr Gewinn machen zu müssen.

Mit Verlusten rechnet Thomas Rabe für RTL also offenbar nicht. Die Sparmaßnahmen dienen dazu, weiterhin die Gewinnerwartungen Bertelsmanns zu bedienen. Wenn RTL auch in vorübergehend schlechten Zeiten, bei gleichzeitigen Investitionen in Zukunftsgeschäfte trotzdem jedes Jahr Gewinn abwerfen muss, ist das einfach nur eine Entscheidung aus Gütersloh. Es entspricht den Interessen der Inhaber, denen Thomas Rabe Rechenschaft schuldet.

Allerdings haben auch die Mitarbeiter Interessen und die sind naturgemäß nicht identisch mit denen von Bertelsmann. Interessanterweise ist Thomas Rabe kürzlich ein Wort über die Lippen gekommen, das man gar nicht ein seinem Wortschatz wähnte: „Tarif“. So weit, dass er freiwillig über Tarifverträge verhandeln möchte, ist es wohl noch nicht, aber vielleicht ist es Zeit, ihn an den Tisch zu bringen?